Tagungsthema
Der Spatial Turn in den Geistes- und Kulturwissenschaften ist längst erwachsen geworden. Seit mehr als zwei Jahrzehnten beschäftigen sich Forschende mit geographischen Aspekten bei der Untersuchung vergangener Lebenswelten. Die Geographiegeschichte ist keine reine Disziplingeschichte mehr, sondern hat sich im weiten Feld der Wissenschafts- und Wissensgeschichte weiterentwickelt. Auch Historikerinnen und Historiker sowie Forschende im Kontext der historischen
Kulturwissenschaften arbeiten heute mit raumbezogenen Konzepten und Perspektiven und berücksichtigen dabei zunehmend die Geschichte der Geographie mit ihren verschiedenen Ausdifferenzierungen im Umfeld von Wissenschaft, Schule, Geographischen Gesellschaften, Verlagen und Zeitschriften. Akteure, Praktiken und Dinge geographischen Wissensim Schnittfeld von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft sowie die Produktion, die Nutzung und die Rezeption von Texten, Bildern und Karten als raumbezogene Medien, geraten dadurch ebenso in den Fokus wie deren globale und transnationale Zirkulation in (post-)kolonialen und imperialen Kontexten. Für die Teildisziplin der Geographiegeschichte ist dies eine Chance, vielfältige theoretisch-konzeptionelle und methodische Anknüpfungspunkte an internationale und interdisziplinäre Diskussionszusammenhänge zu gewinnen.
Geprägt durch diese offene Neugierde auf eine Neubelebung des disziplinären und interdisziplinären geographiegeschichtlichen Austausches lädt der Arbeitskreis Geschichte der Geographie in der Deutschen Gesellschaft für Geographie (DGfG) zu einer zweitägigen Tagung am 28. und 29. Juni 2024 in das Geographische Institut der Universität Bonn ein. Der Arbeitskreis versteht sich als offenes Netzwerk für geographiegeschichtliche Forschungsperspektiven im deutschsprachigen Raum und unterhält seit vielen Jahrzehnten intensive Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen aus dem internationalen Umfeld. Die Tagung ermöglicht es, jüngst abgeschlossene, aktuelle und künftig geplante Forschungsvorhaben zur Geschichte der Geographie
und damit verbundenen Themenbereichen zur Diskussion zu stellen und davon ausgehend neueWege der Vernetzung zu schaffen.
Freitag, 28. Juni 2024
Begrüßung | 14:00 Uhr – 14:10 Uhr
Tobit Nauheim (Bonn), Norman Henniges (Wien), Patrick Reitinger (Leipzig)
Session 1: Mythos Humboldt und Reiseforschung | 14:10 Uhr – 15:40 Uhr
Christian Schumacher (Mainz)
Distanzierung durch Mythisierung. Alexander von Humboldts Abschied vom Kosmos und die
Wiedergeburt im mythischen Gewand
Sophia Feige (Jena)
Auf den Spuren Alexander von Humboldts. Fachgeschichte im Lehramtsstudiengang Geographie
vermitteln
Tobit Nauheim (Bonn)
Die Erzeugung von Glaubwürdigkeit. Forschungsreisende und die Institutionalisierung der
Hochschuldisziplin Geographie
Pause | 15:40 Uhr – 16:00 Uhr
Session 2 – Teil 1: Politische Geographien und Geopolitik | 16:00 Uhr – 17:00 Uhr
Elischa Matthias Rietzler (Augsburg)
Planung mit dem Rotstift – Die räumliche Logik infrastruktureller Planung
Korbinian Lindel (Erlangen-Nürnberg)
Geopolitik als Netzwerk. Methodische Überlegungen zur Begriffssprache der Forschung im
Umgang mit der literarischen Geopolitik der Zwischenkriegszeit
Pause | 17:00 Uhr – 17:15 Uhr
Session 2 – Teil 2: Politische Geographien und Geopolitik | 17:15 Uhr – 18:15 Uhr
Gerhard Rainer (Eichstätt) & Simon Dudek (Eichstätt)
Von der Länderkunde zur Chorología, von der Spruchkammer an den Lehrstuhl: Personelle
und konzeptionelle Kontinuitäten in der Geographie der unmittelbaren Nachkriegszeit
Astrid Mehmel (Bonn)
Antisemitismus in der deutschen Geographie. Vorurteile, Diskriminierungen und die Folgen
Gemeinsames Abendessen | ab 19:00 Uhr (Selbstzahler)
Samstag, 29. Juni 2024
Session 3: (Post-)koloniale Geographien des Habsburgerreiches | 09:30 Uhr – 11:00 Uhr
Ferenc Gyuris (Budapest)
Decolonizing geography and its pasts on and from the global semi-periphery: A Hungarian
perspective
Johannes Mattes (Wien/Oslo)
The Making of “Classical” Karst: Der serbische Geograph Jovan Cvijić, (Inter)nationalismus
und die Anfänge der Karstforschung, 1870–1914.
Norman Henniges (Wien)
Landschaft, Fotografie und der geographische Blick. Die Wiener Geographen in Bosnien und
der Herzegowina um 1900
Pause | 11:00 Uhr – 11:15 Uhr
Session 4: Die Zukunft des AK Geschichte der Geographie | 11:15 Uhr – 12:45 Uhr
Patrick Reitinger (Leipzig)
Der AK Geographiegeschichte und die Deutsche Gesellschaft für Geographie: Inhaltliche
und strukturelle Überlegungen zur Zukunft einer Disziplingeschichte
Norman Henniges (Wien)
Arbeitskreis, quo vadis?
Offene Diskussion zur künftigen Zusammenarbeit
Benennung der künftigen Sprecherinnen und Sprecher
Verabschiedung und Ende der Tagung | 12:45 – 13:00 Uhr
Tagungsort
Geographisches Institut der Universität Bonn – Geozentrum Meckenheimer Allee 176, Übungsraum 8 53115 Bonn
Anmeldung
Bitte bis 31. Mai 2024 bei nauheim@uni-bonn.de anmelden.
Ansprechpartner
Tobit Nauheim, Universität Bonn,
nauheim@uni-bonn.de
Dr. Norman Henniges, Österreichische
Akademie der Wissenschaften, Wien,
norman.henniges@oeaw.ac.at
Dr. Patrick Reitinger, Leibniz-Institut
für Länderkunde (IfL), Leipzig,
p_reitinger@leibniz-ifl.de