Das 2012 gegründete „Berlin-Brandenburger Colloquium für Umweltgeschichte“ stellt ein Forum für die institutionell heimatlose Umweltgeschichte im Wissenschaftsraum Berlin-Brandenburg bereit. Unser Ziel ist, den wissenschaftlichen Austausch zwischen den zu umweltgeschichtlichen (und verwandten) Themen Forschenden im Raum Berlin-Brandenburg, aber auch darüber hinaus, zu befördern.
In produktiv-informeller Atmosphäre sollen dort aktuelle Arbeiten zur Umweltgeschichte und angrenzenden Gebieten – in den verschiedensten Stadien der Fertigstellung, also gerade auch work-in-progress – in einem umweltgeschichtlichen Kreis diskutiert werden. Damit wollen wir die Zusammenarbeit in der Region stärken, in der – bisher verstreut – eine „kritische Masse“ von HistorikerInnen zu Umwelt- und Naturschutzthemen arbeitet.
In diesem Semester geht es um Naturschutzgeschichte, die Geschichte der Grünen auf der Basis eines Oral-History Projekts, um Klima-Manipulations-Geschichte und die Verbindung von Rechts- und Umweltgeschichte in Lateinamerika.
Das Colloquium ist grundsätzlich offen für alle Interessierten und freut sich deshalb auch über Gäste und Vortragende von außerhalb der Region. Wenden Sie sich gern an uns:
Ansprechpartner/in:
Astrid Mignon Kirchhof (Humboldt-Universität zu Berlin), astrid.m.kirchhof@geschichte.hu-berlin.de
Jan-Henrik Meyer (MPI für Europäische Rechtsgeschichte / ZZF Potsdam), jhmeyer@gmx.de
Programm
Donnerstag, 02.05.2019 Kristian Mennen (Berlin/Nijmegen)
Policy-Making of early Nature Conservation.
The Netherlands and the United Kingdom compared, 1930-1960
Donnerstag, 23.05.2019 Christoph Becker-Schaum (Potsdam)
& Anastasia Surkov (Berlin):
Die zweite Generation der Grünen –
Ein Gruppenporträt
Donnerstag, 06.06.2019 Franz Mauelshagen (Wien)
& Stefan Schäfer (Potsdam):
Die Kolonisierung des Klimas
Donnerstag, 11.07.2019 Hanna Sonkajärvi (Rio de Janeiro):
Key Concepts of Latin American New Constitutionalism and the Politics
of Environmental Protection
Ort: Humboldt-Universität zu Berlin,
Friedrichstraße 191-193, Eingang Friedrichstr.,
Lift in den 4. Stock, Raum 4031.
Zeit: 18:00 (c.t.) – 20:00 Uhr
Kontakt: Astrid M. Kirchhof astrid.m.kirchhof@geschichte.hu-berlin.de
Jan-Henrik Meyer meyer@zzf-potsdam.de
Donnerstag, 02.05.2019 Kristian Mennen (Berlin/Nijmegen)
Policy-making of early nature conservation. The Netherlands and the United Kingdom compared, 1930-1960
Abstract:
Whereas comparative analyses of the history of nature conservation usually review either the inter-war period or the 1970s, this postdoc project considers the period between 1930 and 1960 as an era in its own right. These decades are of particular interest for the development of ecological ideas and the establishment of long-term institutional arrangements between politics, science, and civil society concerning nature conservation. Another prominent aspect for this comparative analysis is the influence of right extremist political positions. The understanding of conservationist policies as the result of a process of political agenda-setting, discursive backgrounds, and active involvement of experts and civil society organisations, was a successful basis of analysis for the last decades of the 20th century.
Here, this approach will be applied to the United Kingdom and the Netherlands in the decades between 1930 and 1960. Analysing a civil society organisation, a state agency and a scientific society for each country, the project aims to identify political and discursive continuities in the policy-making process of early nature conservation. The comparative design of the project, its focus on European countries beyond Germany, and its emphasis on institutional continuity through the Second World War will be important assets for the scientific debate about the early conservationist movement and the reconciliation of ‘green’ politics with its ‘brown’ past.
Funded by the European Commission for two years in the context of a Marie Skłodowska-Curie Fellowship, the project will start at the Radboud University of Nijmegen (Netherlands) in September 2019.
Short Bio:
Dr. Kristian Mennen will take up a new postdoc position at the chair of Political History at the Radboud University of Nijmegen in September 2019. He completed his Ph.D. in Nijmegen and Münster about political culture in the interwar period in 2013. His main research interests include transnational approaches to the study of fascism, public repertoires of political movements, discourses of “democracy”, and youth movements in the twentieth century. His main publication currently consists of his Ph.D. thesis Selbstinszenierung im öffentlichen Raum (waxmann, 2013).
Donnerstag, 23.05.2019 Christoph Becker-Schaum (Potsdam) / Anastasia Surkov (Petersburg): Die zweite Generation der Grünen – Ein Gruppenporträt
Abstract:
Die „Zweite Generation der Grünen“ ist ein Oral-History-Projekt des Archivs Grünes Gedächtnis der Heinrich-Böll-Stiftung, das die beiden AutorInnen durchgeführt und worüber sie in der Zeitschrift BIOS eine erste Auswertung vorgelegt haben. Es handelt sich dementsprechend um die Präsentation eines Oral-History-Projektes, d.h. um eine Reflexion von methodischen Erfahrungen, und inhaltlich um einen Einstieg in die Geschichtsschreibung der Bündnisgrünen in den 1990er Jahren. Einen solchen Einstieg halten die AutorInnen für ein Gebot der Zeit, bzw. der Zeitgeschichte, schließlich liegen die behandelten Gegenstände 25 Jahre zurück, vor allem aber deshalb, weil – so die These – die Mitte der 1990er Jahre einsetzenden Veränderungen bei den Bündnisgrünen deren politisches Auftreten bis heute bestimmen.
Die These kommt auf leisen Sohlen. Wir beschreiben, was die jüngsten Abgeordneten der Bündnisgrünen in der Wahlperiode von 1994 bis 1998 zu ihrem Engagement bei den Bündnisgrünen bewogen hat, welche Erfahrungen sie auf dem Weg von der persönlichen Entscheidung, zum Bundestag zu kandidieren, bis zu den konkreten Erfahrungen in der neuen Bundestagsfraktion gemacht haben. Dabei thematisieren wir nicht zuletzt ihre Erfahrungen und Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Bosnien-Krieg, der eine Schlüsselrolle hat. Dabei werden die Unterschiede zum Politikverständnis der Gründungsgeneration der Grünen deutlich. Wir würden gerne diskutieren, wieviel Generationswechsel und wieviel Kontinuität unser Oral-History-Projekt freigelegt hat und inwiefern so ein Projekt einen brauchbaren Einstieg in die Historisierung der Grünen im Vorfeld der rot-grünen Regierungskoalition und darüber hinaus bietet.
Kurzbiographien:
Christoph Becker-Schaum, Promotion 1983, war von 1995 bis 2017 Leiter des Archivs Grünes Gedächtnis der Heinrich-Böll-Stiftung. Er ist seit 2018 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Zeithistorischen Forschung (ZZF) in Potsdam. Seine Forschungsthemen sind: Bündnis 90. Die Bürgerbewegung als Partei, 1991-1993, die politischen Folgen der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und die Geschichte der Grünen.
Anastasia Surkov ist Doktorandin an der Humboldt-Universität zu Berlin, Geschichte Osteuropas. Als Mitarbeiterin im Grünen Gedächtnis hat sie Nachlässe/Vorlässe (Rudolf Bahro, Hilde Schramm, Milan Horáček) und andere Archivbestände erschlossen (u.a. Landesverband Hessen, Europafraktion Brüssel). Ihr Dissertationsprojekt lautet: Die Radikalisierung des Antisemitismus in Russland und der Sowjetunion während des Ersten Weltkrieges und der ersten Jahre der Zwischenkriegszeit.
Donnerstag, 06.06.2019 Franz Mauelshagen (Wien)
& Stefan Schäfer (Potsdam):
Die Kolonisierung des Klimas
Abstract:
Klimaengineering hat Konjunktur und erscheint inzwischen als unvermeidliches Thema, wenn es um Maßnahmen zur Eindämmung der globalen Erwärmung geht. Das hat vor allem damit zu tun, dass es bis heute nicht gelungen ist, ein internationales Abkommen mit verbindlichen Zielen zur Reduktion von Treibhausgasen zu erreichen. Die nationalen Klimaschutzbeiträge, auf die sich die Parteien des Pariser Klimaabkommens 2015 geeinigt haben, sind freiwillig und bis heute in der Summe unzureichend, um die vereinbarten Ziele von +1,5° oder +2.0° C zu erreichen. Das spricht nach der Meinung vieler für die Unvermeidlichkeit von Klimaengineering. Wir wollen die damit verbundenen Visionen einbetten in die lange Imaginationsgeschichte der Klimamanipulation, die im Kolonialzeitalter begann, und in einem Längsschnitt vom 18. Jahrhundert bis heute zeigen, dass und wie die Ideengeschichte technologischer Klimabeherrschung in Vorstellungen gesellschaftlicher Transformation verstrickt ist.
Short Bio:
Franz Mauelshagen ist Historiker mit Forschungsschwerpunkten in der Klimageschichte, der Wissenschaftsgeschichte, der Geschichte großer Transformationen und der Naturkatastrophen. Zurzeit arbeitet er Senior Scientist und Koordinator für das Vienna Anthropocene Network der Universität Wien. 2018-2019 Senior Fellow am Käte Hamburger Kolleg / Centre for Global Cooperation Research der Unviersität Duisburg-Essen. 2015-2018 Senior Fellow am IASS in Potsdam. 2014/5 Research Fellow am Rachel Carson Center für Umwelt und Gesellschaft. 2008-2014 Koordinator und Leiter des Programmbereichs KlimaKultur am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen. 2003-2008 Assistent am Lehrstuhl für Neuere Geschichte (Prof. Dr. Jörg Fisch) der Universität Zürich und Lehrbeauftragter der Universitäten Bern und St. Gallen. 2000-2003 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Geschichtswissenschaft der Universität Bielefeld. Zuvor Studium der Geschichte, der Philosophie und der Rechtswissenschaften in Bonn, Magister Artium 1994, Promotion in Allgemeiner Geschichte der Neuzeit an der Universität Zürich im Jahr 2000.
Wichtige Publikationen: Klio trifft Gaia: Wenn Menschen Erdgeschichte schreiben (Monographie, erscheint 2020); Palgrave Handbook of Climate History, Hg. mit Christian Pfister und Sam White. Basingstoke: Palgrave Macmillan, 2018; »Bridging the great divide—the Anthropocene as a challenge to the social sciences and humanities«, in: Celia Deane-Drummond, Markus Vogt, und Sigurd Bergmann (Hg.), Religion and the Anthropocene, Eugene OR 2017, S. 87-102; »Das Zeitalter der Ungewissheit: Zukunftsszenarien und globale Bedrohung nach dem Zweiten Weltkrieg«, in: Nicolai Hannig und Malte Thießen (Hg.), Vorsorgen in der Moderne. Akteure, Räume und Praktiken, Berlin 2017, S. 79-103.
Stefan Schäfer ist Forschungsgruppenleiter am Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam. Er ist zudem als Fellow mit dem Program on Science, Technology and Society der Harvard Universität und dem Intitute for Science, Innovation and Society der Universität Oxford affiliiert. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit der Rolle von Wissenschaft und Technologie in modernen Gesellschaften und globaler Politik, insbesondere der Klimapolitik. Er war 2017 als Oxford Martin Visiting Fellow an der Universität Oxford und 2018 als Visiting Fellow an der Harvard Universität zu Gast. Von 2009 bis 2012 war er Gastwissenschaftler am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Kürzere Forschungsaufenthalte verbrachte er am University College London (2013) und an der Harvard Universität (2015 und 2016). Er ist Autor mehrerer begutachteter Fachartikel, Ko-Autor des fünften Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) und Erstautor einer Bewertungsstudie zu Geoengineering im Auftrag der Europäischen Kommission. Als Special Adviser berät er die Europäische Kommission im Bereich Transport und Klimaneutralität.
Aktuelle Veröffentlichungen: Lawrence, M. G., Schäfer, S., Muri, H., Scott, V., Oschlies, A., Vaughan, N. E., Boucher, O., Schmidt, H., Haywood, J., Scheffran, J. (2018): “Evaluating climate geoengineering proposals in the context of the Paris Agreement temperature goals.” Nature Communications, 9, 3734. DOI: http:/
Donnerstag, 11.07.2019 Hanna Sonkajärvi (Rio de Janeiro):
Key Concepts of Latin American New Constitutionalism and the Politics of Environmental Protection
Abstract:
The Latin American New Constitutionalism that inspired the Constitutions of Ecuador (2008) and Bolivia (2009) is based on the idea that man is merely one species among many. Nature, in this conception, has a legal character that can be enacted by any physical or juridical person(s) acting in nature’s interest. However, a closer reading of key concepts and writings by politicians and thinkers advocating it reveals that there are some tensions and contradictions between the utopia of New Constitutionalism and its putting into practice by means of legislation. For instance, the New Constitutionalism presents itself as an indigenous community based tradition of Buen Vivir (Living well) that rejects capitalism and the concept of development and it proposes local level solutions along with a redefinition of the State as an institution. At the same time, the very essence of a nation State is not questioned and therefore inhibits not only any tentative to develop theories of a Global New Constitutionalism, but equally any tentative to cooperate across State borders for the conservation and administration of the common and universal resources of the Nature. Since the New Constitutionalism has a vocation to be put into practice, the paper proposes to inquire, across time, and inspired by the History of Concepts, into its key notions, such as buen vivir, sumak kawsay, Pachamama, state and development, and to critically reflect upon the concept’s capacity to be translated into the legal system and legal practice.
Short Bio:
Hanna Sonkajärvi earned her PhD in History and Civilization at the European University Institute (EUI), Florence, in 2006. Her PhD thesis dealt with everyday definitions of what is a Foreigner in eighteenth century Strasbourg. She was, among other things, Lecturer (Wissenschaftliche Mitarbeiterin), at the Department of Early Modern History at the University of Duisburg-Essen (2007-2013) and Feodor Lynen-Fellow of the Alexander von Humboldt-Foundation (2014-2015) at the Universidad del País Vasco in Leioa, Spain. Since April 2015, she is Professor of Legal History at the Universidade Federal do Rio de Janeiro (UFRJ), Brazil. She is also, since 2018, Professor of the Post-Graduate Program in Social History (PPGHIS) of the UFRJ. Her latest publications include: Hanna SONKAJÄRVI & André VASQUES VITAL (eds.), Água no Brasil: conflitos – atores – práticas, São Paulo: Alameda, 2018; Hanna SONKAJÄRVI, ‘Acudir al remedio’: Protektionsleistungen der Juntas y regimientos de Vizcaya im atlantischen Raum im 17. Jahrhundert, in: Tilman HAUG, Nadir WEBER et Christian WINDLER (eds.), Protegierte und Protektoren. Asymmetrische politische Beziehungen zwischen Partnerschaft und Dominanz (16. bis frühes 20. Jahrhundert), Berlin: Duncker & Humblot, 2016, 349-364. The current paper is based on a research project conducted with Daniel Cavalcanti Pimentel, a graduate student, at the Faculty of Law at the Universidade Federal do Rio de Janeiro.
Kontakt
Kontakt: Astrid M. Kirchhof astrid.m.kirchhof@geschichte.hu-berlin.de
Jan-Henrik Meyer jhmeyer@gmx.de