Termine

Vertikal. Interdisziplinäre Perspektiven auf die Tiefen und Höhen der Schweiz, Bern, 24.02.2020 – 25.05.2020

Die Schweiz hat eine ausgeprägte Affinität zur «Vertikalen»: Im 19. Jahrhundert wurden die imposanten Höhen der Alpen als zentrale Identitätsmarker im kollektiven Gedächtnis der Schweiz verankert; die Kolonisation der Lotrechten stand im 20. Jahrhundert sinnbildlich für die schweizerische Bergsteiger- und Ingenieurskunst. Heute beschäftigen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft andere Höhen und Tiefen: Es sind der «Dichtestress» und der Bau von Hochhäusern in den Städten, die Risiken des Einsatzes von Drohnen durch Private, die Potentiale subterraner Transport- und Logistikprojekte, die nachhaltige Nutzung des Untergrunds als Ressource und die chaotische Rechtslage unter Grund, die Herausforderungen für das Land darstellen. Ähnliche Problemlagen stellen sich weltweit: Menschen, Daten, Blicke und Ressourcen bewegen sich in unserer globalisierten Welt nicht nur entlang horizontaler, sondern immer öfter entlang vertikaler Achsen. Keine Global City ohne komplexe Kabel- und Transportsysteme im und aus dem Boden heraus, kein Überwachungs- und Sicherheitsregime ohne GPS, Satellitentechnologien und verbunkerte Datenzentren. Globalisierte Kulturen sind alles andere als flach!
Die Ringvorlesung «Vertikal» schafft ein innovatives Lehrformat, um Studierende und eine breite Öffentlichkeit in einer longue durée Perspektive mit den Höhen und Tiefen der Schweiz vertraut zu machen. Die Vorlesungsreihe ist explizit interdisziplinär und interfakultär angelegt: Referent*innen aus der Wissenschafts-, Umwelt- und Technikgeschichte, der Literaturwissenschaft, der Geografie, Geologie, Raumplanung und Architektur widmen sich der vertikalen Schweiz, ihrer Geschichte, den aktuellen Konfigurationen, Herausforderungen und Potentialen ihrer nachhaltigen Entwicklung. Die Vorlesung gewährt den Studierenden Einblick in unterschiedlichste methodische Zugangsweisen und thematische Schwerpunkte – von der Geothermieforschung und der Drohnennutzung über subterrane Rechtsfragen, die Suche nach Erdöl bis zu literarischen Raumobsessionen in der Vertikalen. Zudem spielen Aspekte der Nachhaltigkeit im Umgang mit Ressourcen, Mobilität und Raumplanung eine zentrale Rolle.
Die Ringvorlesung setzt nicht nur auf Interdisziplinarität, sondern auch auf den Dialog zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und angewandten Wissensbereichen: Sie integriert eine Podiumsdiskussion, die Vertreter*innen aus der Geschichtswissenschaft sowie aus Politik, Medien und Privatwirtschaft vereint. Den Studierenden wird damit auch die Chance geboten, zukünftige (angewandte) Berufsfelder kennenzulernen.

Programm

Die Vorlesungsreihe findet jeweils montags von 14.15-15.45 Uhr statt

24.2. Einführung
Prof. Dr. Silvia Berger Ziauddin, Prof. Dr. Christian Rohr (Historisches Institut, Universität Bern), Prof. Dr. Jean-David Gerber (Geographisches Institut, Universität Bern)

2.3. Eiger Nordwand! Zur Vertikal-Geschichte der Schweiz
Prof. em. Jon Mathieu (Historisches Seminar, Universität Luzern)

9.3. Alpen, Klänge, Tunnel, Stollen – Schweizer Raumobsessionen in der Literatur
Prof. Dr. Boris Previšić (Seminar für Kulturwissenschaften und Wissenschaftsforschung, Universität Luzern)

16.3. Vertical Stratigraphy: Recent Projects
Hon.-Prof. Inès Lamunière (EPFL, dl-a, Genf)

23.3. Wer darf den Untergrund nutzen?
Dr. iur. Leonie Dörig (School of Management and Law, ZHAW Zürich; EBP)

30.3. Der Blick nach oben: Drohnen und die gesellschaftliche Aneignung des Luftraumes
Prof. Dr. Francisco Klauser (Institut de Géographie, Universität Neuchâtel)

6.4. Hochhäuser in der Schweiz: vertikaler, dichter, nachhaltiger?
Prof. Dr. Jean-David Gerber (Geographisches Institut, Universität Bern)

20.4. Wärmeaustausch in der Erdkruste: Geothermie als erneuerbare Energiequelle in der Schweiz
Prof. Dr. Marco Herwegh (Institut für Geologie, Universität Bern)

27.4. Die Vertikale als Tor zur Welt – die Schweiz im internationalen Luftverkehrssystem
Dr. Sandro Fehr (Kantonsschule Rychenberg, Winterthur)

4.5. «Bohren statt diskutieren»: Auf Erdölsuche in der Schweiz
Dr. Monika Gisler (Unternehmen Geschichte, Zürich)

11.5. Sedimente des Digitalen
Prof. Dr. Monika Dommann (Historisches Seminar, Universität Zürich), Dr. Max Stadler (Collegium Helveticum, ETH Zürich)

18.5. Seil, Ski und Gabelstapler: Das Gebirge in den Filmen des Armeefilmdienstes (1940-1990)
Severin Rüegg (Rüegg+Rüegg GmbH, Zürich)

25.5. Podiumsdiskussion (18:15-20:00 Uhr, Hörsaal F022) mit Simona Boscani Leoni (SNF-Förderprofessorin Historisches Institut, Universität Bern), Martin Candinas (Nationalrat/Präsident LITRA Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr), Antonia Cornaro (Amberg Group/Co-Chair ITA Committee of Underground Space ITACUS), Olivier Lateltin (Bundesamt für Landestopographie swisstopo), Jost auf der Maur (Journalist, Autor «Die Schweiz unter Tag»)

Kontakt

Silvia Berger Ziauddin
Assistenzprofessorin für Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
Historisches Institut
Universität Bern
Länggassstrasse 49
CH-3012 Bern
silvia.berger@hist.unibe.ch
https://www.hist.unibe.ch/ueber_uns/personen/berger_ziauddin_silvia/index_ger.html