Termine

Re-Spatializing Spain. Spanische Zeitgeschichte global und transnational, Wien, 19.09.2019 – 21.09.2019

In der Auseinandersetzung mit Spaniens historischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts stellten die Pyrenäen mehr als nur eine natürliche Grenze zwischen der Iberischen Halbinsel und dem restlichen Kontinent dar. Die Zeitgeschichtsforschung deutete Spaniens Rolle im vergangenen Jahrhundert viel zu oft als räumlich isolierten Sonderfall – passend zur exponierten Lage im Südwesten des Kontinents. Die Gebirgskette wurde zum Symbol, an ihr endete die allgemeine Geschichte Europas. Das zeigt sich beispielsweise auch an der deutschsprachigen Geschichtsschreibung zum Spanischen Bürgerkrieg, zu Francos Diktatur und zum Systemübergang, der Transición, in den 1970er und 1980er Jahren. Das Land wurde zwar zum globalen Westen gezählt, war aber weder Teil des politischen Zentrums noch in den Entstehungsprozess der Europäischen Gemeinschaft involviert. Schließlich wirft noch ein weiteres räumlich-politisches Spezifikum der Iberischen Halbinsel seinen Schatten auf die Zeitgeschichtsforschung: Als ehemaliges koloniales Zentrum war sie ein wichtiges Tor zur „Neuen Welt“, was sich auf wissenschaftlicher Ebene wiederum darin niederschlägt, dass sie häufig in die Nähe zur Lateinamerikanistik positioniert wird. Der Fokus wird so erneut von Europa abgewendet und Spanien in gewisser Weise als Semiperipherie konstruiert.
Im Workshop „Re-Spatializing Spain“ werden diese Einordnungen und Verortungen Spaniens und seiner Zeitgeschichte hinterfragt und die Ansätze kritisch diskutiert, die den Topos des spanischen „Sonderwegs“ reproduzieren. Die Beiträge der Referent*innen nehmen das Verhältnis zwischen Spanien und der europäischen Geschichte unter die Lupe, gehen transferhistorischen Fragestellungen nach oder zeigen mit mikrogeschichtlichen Fallstudien, dass die konsequente Einbettung spanischer Zeitgeschichte in einen europäischen Untersuchungsrahmen innovative Perspektiven eröffnet, von denen sowohl die hispanistische als auch gesamteuropäische Zeitgeschichtsforschung profitieren können.
Programm

Donnerstag, 19. September 2019

15:30-17:15 Uhr
Begrüßung durch die Organisatorinnen
Linda Erker und Katharina Seibert

Till Kössler
Historische Spanienforschung im deutschsprachigen Raum

Claudia Kraft
Verortung einer Semiperipherie.
Spanien als Teil einer transnationalen Zeitgeschichtsforschung

17:15-17:30 Uhr, Pause

17:30-19:00 Uhr
Von der huerta auf den Tisch: Re-Spatializing Produktionsprozesse seit der Transición

Alexander Behr
Alle Räder stehen still …? Ausbeutung und Widerstand im industriellen Gemüsebau in Südspanien und die Herausforderung transnationaler gewerkschaftlicher Organisierung und Solidarität

Andreas Jünger
Lebenswege, Konsumgewohnheiten und Europäisierung – transnationale Verflechtungen des andalusischen Öko-Sektors

Moderation: Claudia Kraft

Freitag, 20. September 2019

9:30-10:45 Uhr, Morning Keynote
Xosé M. Núñez Seixas
Die „Weltgeschichte Spaniens“ im Kontext der südeuropäischen Mode der Weltgeschichten: Was ist neu daran?

10:45-11:00 Uhr, Pause

11:00-13:00 Uhr
Mikrogeschichte(n) von Ideologie am Prüfstand

Jannis Grigsdies
Unter Bräutigamen des Todes? Eine Sozial- und Alltagsgeschichte der spanischen Fremdenlegion, 1920-1939

Katharina Seibert
Kommunistische Ideale und medizinischer Ethos. Polit-Kommissare im Sanitätsdienst an der Nordfront des spanischen Bürgerkriegs

Andrea Acle-Kreysing
Spanien als antifaschistisches Symbol in den 1930er und 1940er Jahren. Perspektiven aus Deutschland und Mexiko

Moderation: Xosé M. Núñez Seixas

13:00-15:00 Uhr, Mittagspause

15:00-16:30 Uhr
Durchbruch der Demokratie. Oppositionsgeschichte schreiben

Anna Delius
Links, katholisch, engagiert. Demokratische Oppositionen und ihr Einsatz für Arbeitsrechte* im spätfranquistischen Spanien und in der Volksrepublik Polen in den 1960er und 1970er Jahren

Florian Musil
Ein demokratischerer Blick auf die spanische Demokratisierung

Moderation: Kathrin Rahminger

16:30-17:00 Uhr, Pause

17:00-18:30 Uhr
Wie viel Europa steckt in Spaniens Erinnerungspraxis?

Leopoldo Domínguez
Topographien der Abwesenheit. Spaniens Massengräber und Memory Boom im europäischen und globalen Kontext

Toni Morant i Ariño
Straßen(namen) einer Demokratie? Spaniens Aufarbeitung der Franco-Diktatur am Beispiel ihrer symbolischen Überreste im öffentlichen Raum

Moderation: Linda Erker

Samstag, 21. September 2019

10:00-12:00 Uhr
Imagewechsel durch Modernisierung? Spanien auf der Suche nach einem Platz in der europäischen Familie

Anna Catharina Hofmann
Das Ende des Sonderwegs. Vergleichende Perspektiven auf den Segundo Franquismo (1950er bis 1970er Jahre)

José Luis Aguilar López-Barajas
Der Westen am Horizont? Die Konzeption von Freizeit und Tourismus im zweiten Franquismus, 1959-1975

Julian Rieck
Die spanische Nation mit dem Ball konstruieren? Nation-Building und alternative Außenpolitik mit dem Fußball während der Franco-Diktatur

Moderation: Till Kössler

12:00-12:20 Uhr, Pause

12:20-14:00 Uhr
Diskussion und Zusammenfassung
Linda Erker und Katharina Seibert
Kontakt

Linda Erker

Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, Spitalgasse 2-4, Hof 1, 1090 Wien

respatializingspain.zeitgeschichte@univie.ac.at