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Ausstellung: „Symbol, Macht, Bewegung. Tirol im historischen Kartenbild“, Schloss Tirol – Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte, 3. Juli bis 21. November 2021

Von 3. Juli bis zum 21. November 2021 findet im Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte auf Schloss Tirol die von Petra Svatek konzipierte Ausstellung „Symbol, Macht, Bewegung. Tirol im historischen Kartenbild“ statt. Das Ziel besteht darin, nicht nur einen allgemeinen Überblick über die Entwicklung der Tiroler Kartographie im Laufe der Jahrhunderte zu liefern, sondern die Karten politisch und wirtschaftlich zu kontextualisieren. Eine Verbindung zwischen Politik, Wirtschaft und Kartographie lässt sich auf unterschiedlicher Weise feststellen. Viele Karten kamen infolge von politischen Entscheidungen zustande und dienten der Verwaltung als Informationsquelle. Sie wurden als Planungsgrundlage, zum Beispiel bei der Regulierung von Flüssen und bei der Erschließung von Bergbau- und Landwirtschaftsgebieten eingesetzt oder verhalfen zu einer besseren Kenntnis des eigenen Territoriums und der Grenzen, wodurch bei Kriegen und Streitigkeiten ein Vorteil gegenüber den Kontrahenten erzielt werden konnte. Thematisiert wird in der Ausstellung aber auch die Symbolik der integrierten Bilder, die vielfach politische und wirtschaftliche Komponenten aufweisen.

Die Ausstellung gliedert sich in neun Themenbereiche. Der erste befasst sich mit den Anfängen der Tiroler Kartographie und zeigt Karten Gesamttirols, die von den Wiener und Tiroler Kartographen Wolfgang Lazius, Warmund Ygl, Matthias Burgklechner, Pietro Andrea Mattioli und Ignaz Reiffenstuell in der frühen Neuzeit hergestellt worden waren. Der zweite Bereich nennt sich „Der Blick von außen“ und setzt sich mit jenen Karten über Tirol auseinander, die von ausländischen Kartographen publiziert worden sind. Die gezeigten Objekte stammen von Abraham Ortelius, Gerhard Mercator, Matthäus Merian, Nicolas Sanson, Joan Blaeu, Cornelis Danckerts, Jean Baptist Nolin d. Ä., Johann Baptist Homann, Matthäus Seutter und Tobias Conrad Lotter.

Der dritte Themenschwerpunkt über die „intakte und bedrohte Landschaft“ befasst sich ausschließlich mit bisher weitgehend unbekannten Manuskriptkarten, welche die von Flüssen und Gletschern ausgegangenen Gefahren dokumentieren. Muren und Überschwemmungen traten im Laufe der Geschichte häufig auf und führten zu Flussregulierungsmaßnahmen. Zu sehen sind unter anderem Karten über das Überschwemmungsgebiet von Etsch und Eisack im Raum Bozen und über den Inn, welche zu den ersten systematischen Flusskartierungen gezählt werden können.

Der vierte Teil der Ausstellung hat die Wirtschaft zum Thema. Der Bergbau, der Anbau von Wein und die Forstwirtschaft zählten bereits in vorrömischer Zeit zu den wichtigsten Tiroler Wirtschaftszweigen. Gezeigt werden vor allem bisher wenig beachtete Manuskriptkarten. Neben einer allgemeinen Bestandsaufnahme griffen diese Karten vielfach Streitigkeiten auf, die sich wegen der Nutzung von Feldern, Weiden, Wäldern und Bergbaugebieten ergeben hatten. So entstanden beispielsweise die Karten über die Grenzen der Weidegebiete von Tartsch und Mals (um 1580) sowie die Grenzkarte der Villanderer Alm (1671) in Folge von Almnutzungsstreitigkeiten. Die Karte über das „Jennerische Perckhwerch“ von 1726 haben wir wohl den Streitigkeiten um die Bergwerksregalien zwischen dem Hochstift Brixen und der Grafschaft Tirol zu verdanken.

Im fünften Themenbereich befasst sich die Ausstellung mit Peter Anich (1723-1766) und den beginnenden Vermessungen. Anich, der wohl bedeutendste Tiroler Kartograph, fertigte die erste auf Triangulierung beruhende Karte über Tirol an („Atlas Tyrolensis“, 1774). Zusammen mit seinem Assistenten Blasius Hueber bestimmte Anich Basislinien, die als Ausgangspunkt für ein engmaschiges Dreiecksnetz und Detailaufnahmen herangezogen wurden. Dieser Teil der Ausstellung zeigt unter anderem auch einen Erd- und Himmelsglobus Anichs, diverse Vermessungsinstrumente sowie Karten, die auf den „Atlas Tyrolensis“ basierten.

Thema sechs setzt sich mit der „professionalisierten Landesaufnahme“ auseinander. Als mit der Ersten Josephinischen Landesaufnahme 1763/64 die staatlich gelenkten Vermessungen des Habsburgerreiches einsetzten, wurde auch Tirol mehrfach systematisch vermessen. Dargeboten werden vor allem Karten aus der Zweiten Franziszeischen und Dritten Franzisco-Josephinischen Landesaufnahme.

Das siebente Thema thematisiert die Entwicklung der Verkehrskarten von den Postroutenkarten des späten 18. Jahrhunderts über die Eisenbahnkarten des 19. Jahrhunderts bis zu Flugstreckenkarten der 1920er Jahre, während der achte Ausstellungsteil sich mit der „Entdeckung der Berge“ auseinandersetzt. Einen großen Anteil daran hatte die Gründung des österreichischen Alpenvereines im Jahre 1862, der Wanderkarten herstellte.

Der letzte Themenschwerpunkt nennt sich „Karten im Dienste von Propaganda und Krieg“. Während in der frühen Neuzeit topographische Karten immer wieder Hinweise auf Schlachten enthielten, so entwickelte sich für Tirol ab den Napoleonischen Kriegen ein eigener Kartentyp heraus: die Schlachtenpläne. Sie zeigen Truppenstellungen, Kampfgebiete, Lager, Verschanzungen und Marschrouten. Während diese Pläne eine bestimmte Situation zeigten, kam nach den Pariser Friedensverhandlungen das Propagandamotiv hinzu, indem vor allem österreichische Kartographen auf die in ihrer Sicht unrechte Trennung von Nord- und Südtirol aufmerksam machten. Aus der Zeit des Nationalsozialismus zeigt die Ausstellung Karten, die im Zuge von Wegbeschreibungen für Kriegszwecke entstanden waren, Bombenabwurfpläne, die noch heute zur Lokalisierung von Blindgängern herangezogen werden, und eine Karte zur Umsiedlung der Südtiroler, die im Kontext von Hitlers Plänen zur Flurbereinigung von Wiener Geographen ausgearbeitet wurde.

Der Ausstellungskatalog beinhaltet alle gezeigten Karten mit kurzen Beschreibungen sowie Artikel von Petra Svatek („Tiroler Kartographie im politischen Kontext“), Kurt Scharr („Karten: Wissen zwischen Orientierung und Weltbild“), Thomas Horst („Tiroler Manuskriptkarten“), Rainald Becker („Kartographie und Staatsmacht – der „Aquila Tirolensis“ von Matthias Burglechner“), Meinrad Pizzinini („Beginn der Vermessungen – Peter Anich und seine Zeit“) und Wilfried Beimrohr („Tirol und die zwei ersten Landesaufnahmen im Habsburgerreich“).

Themenschwerpunkte: Anfänge der Kartographie (16. / 17. Jhd.); Tirol im Bild deutscher, niederländischer und französischer Kartographen; Naturkatastrophen – Flussregulierungen; Beginn der Vermessungen; Peter Anich und seine Zeit; Landesaufnahmen; Verkehr; Tourismus; Bergbau und Landwirtschaft; Krieg und Propaganda.

Kuratorin: Petra Svatek, Akademie der Wissenschaften, Wien